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Ohne (elektronische Medien) geht´s nicht mehr

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In den letzten Wochen hatte ich wieder mehrere Situationen, wo ich mit dem Thema elektronische Medien ja oder nein und wenn nein, was hat das für Auswirkungen, konfrontiert war. Ich z.B. zögere seit Monaten, mich auf Facebook anzumelden, obwohl, wenn ich meinen Blog mehr bekannt machen möchte, sollte ich das eigentlich tun. Und ich verschieb´s auf morgen und übermorgen usw.

Doch die Wahl elektronisch ja oder nein beginnt ja schon bei den Handy. Z.B. hatte Gudrun schon immer damit zu kämpfen, dass ihr Sohn Benjamin immer wieder fragte: Mama, wann kaufst du dir endlich ein „Wisch-Handy“. Ich glaube, es ging ihm hier nicht so sehr um die Wischfunktion, sondern eher darum, dass er sich das moderne Ding dann zwischendurch immer zum Spielen ausleihen kann, denn die Snake Spiele oder Tetris auf den Retro-Handys sind für die heutige Jugend sicher schon langweilig, zu wenig interaktiv oder mit zu wenig Aktion, also wahrscheinlich eher einschläfernd als aufmunternd.

Nach langem Hinauszögern hat sich Gudrun dann doch ein Smart Phone geleistet und ist sogar auch selbst davon begeistert. Jetzt kann sie auch mobil ihre E-Mails empfangen und ihre täglichen Schritte zählen lassen. Doch der Hauptgrund, warum sie umstellen musste, war eigentlich die Horttante. Es gibt nämlich für Benjamins Hort eine What´s App Gruppe und alle Infos wurden bisher bereits mit diesem Medium ausgeschickt. Und dann passierte es halt öfter, dass ihr Kind keine Regenjacke oder keine Badehose oder keine Kastanien zum Basteln mithatte und das war ihm furchtbar peinlich und er fühlte sich fast ausgeschlossen, das wollte sie dann doch nicht.

Also haben jetzt Gudrun und Benjamin ein neues Spielzeug: Sie macht neuerdings viele schöne Fotos von ihrer Familie und ihrem Sohn und lässt sich täglich von ihrem Schrittzähler loben, den sie extra auf ein Ziel von 5.000 Schritten eingestellt hat, damit sie dann täglich auf ihre 200%ige Zielerreichung kommt. Benjamin freut sich über seine vielen schönen Fotos, die jetzt bei den Familienausflügen und -urlauben gemacht werden und kann sich zwischendurch dann mit neuen Spielen beschäftigen, falls mal Schlechtwetter ist oder ihm im Restaurant langweilig ist.

Auch als ich grad auf Urlaub war, habe ich natürlich Urlaubsgrüße und schöne Fotos mit What´s App geschickt. Als ich dann draufkam, dass meine Kollegin Katja z.B. nicht auf diesem Medium ist, war ich zuerst einmal verwirrt. Was mache ich jetzt? Ein MMS ist zu teuer, die E-Mail kommt auf ihre Firmenadresse an – ich habe gar keine private von ihr. Soll ich ihr jetzt gar kein Foto schicken, soll ich sie anrufen – doch Bilder kann man schwer übers Telefon beschreiben, da wird dann sicher eine Maus zum Elefanten. Nur Urlaubsgrüße ohne Bild sind nicht unbedingt vielsagend – also schien mir die SMS auch nicht passend. Letztendlich wurde sie dann ausgeschlossen und bekam keine Urlaubsgrüße. Doch gleich nach meinem Urlaub hat sie mich angerufen und gefragt, wie´s war – das war eigentlich viel mehr wert als jede What´s App Antwort oder sogar ein kleiner Chat. Ich habe dann auch gleich gebeichtet, dass ich ihr nichts schicken konnte, weil sie dieses Medium noch nicht benutzt – sie macht´s so wie ich bei Facebook, auf morgen verschieben und dann auf übermorgen. Ich habe mich auf jeden Fall irrsinnig über Katjas Anruf gleich nach meinem Urlaub gefreut und es war schön, ihr meine Erlebnisse am Telefon zu schildern. So verfahre ich auch nach wie vor noch mit meinen Eltern, denn sie können natürlich mit all den technischen Neuerungen nichts mehr anfangen und das erwarte ich auch nicht und da greife ich dann doch zum Telefon.

Ganz anders als meine Kollegin Jana: Sie ist grad auf Urlaub in New York und hat mich mit What´s App immer am Laufenden gehalten: Ein Foto von der erschöpften, aber glücklichen Ankunft, eines vom Football-Spiel, New York von oben bei Nacht und eines von ihrem Halloween-Styling, sehr schick! Es war schön, so ein wenig an ihrem tollen Urlaub teilzuhaben, trotzdem freue ich mich schon, wenn ich wieder ihre Stimme hören kann oder sie persönlich ihre Reiseerlebnisse mit mir teilt.

Genau umgekehrt ging´s mir heute mit meiner Nichte Bella, zuerst habe ich versucht, sie anzurufen und sie war wieder mal nicht erreichbar. Aber siehe da, sie war online auf What´s App und meine Frage über dieses Medium wurde prompt beantwortet – das ist die Jugend von heute!

Ganz anders ist dafür mein gestriges Treffen mit meiner Freundin Marilyn verlaufen. Wie haben und persönlich getroffen, viel geplaudert und hatten uns so viel zu erzählen, dass wir total die Zeit vergessen haben. Ein superschöner Abend! Diese Face-to-Face Treffen werden allerdings immer seltener. Wo sind die Zeiten, wo wir nach einem Urlaub ins Büro kamen und dann einmal die erste Kaffeepause dazu nutzten, allen Kollegen seine Urlaubserlebnisse zu erzählen oder sogar die Fotos zu zeigen. Besonders schön war dann noch, wenn man mit: Willkommen zurück, schön, dass du wieder da bist – vielleicht auch mit Bussi-Bussi begrüßt wurde. Man setzte sich zu einem Tisch und plauderte, man selbst erzählte von seinem Urlaub und die Kollegen erzählten, was in der Zwischenzeit im Büro passiert ist. Beides war möglich, sinnvoll und bereichernd!

Dieser Tage bekommt man meist nur mit, wenn ein Kollege auf Urlaub ist, wenn die Abwesenheitsnotiz kommt, man weiß zwar wie lange, aber nicht wo und mit wem. Vielleicht sollte man in Zukunft ein paar persönliche Abwesenheitszeilen oder Fotos hinzufügen, damit man wenigstens ein bisschen mehr als einen standardisierten Text mitbekommt. Habt ihr schon E-Mails mit: Schön, dass du wieder da bist bekommen? Oder hat euch schon jemand per Mail gefragt, wie euer Urlaub war? Wurdet ihr über die Ereignisse im Unternehmen informiert, die während eurer Abwesenheitsnotiz passiert sind? Also ich befürchte, wenn wir alle weg von Face-to-Face oder Telefon und hin zu Mails tendieren, werden diese Fragen, die herzliche Begrüßung und das Gefühl, man ist willkommen oder wieder zurück (angekommen) bald der Vergangenheit angehören.

Leider sind mittlerweile meist die einzigen Gedanken von uns und unseren Kollegen: Wenn wird er oder sie denn mein E-Mail beantworten? Eigentlich ist sie oder er ja heute wieder im Büro, warum dauert das denn so lang? Ich kann mir gut vorstellen, dass die KollegInnen vielleicht sogar am selben Schreibtisch sitzen und anstelle die Dinge persönlich zu besprechen, wartet man, vielleicht nur ein paar Meter voneinander entfernt darauf, bis das E-Mail endlich beantwortet ist, damit man die Sache abhaken oder weiter bearbeiten kann.

Können wir diese Informationsflut persönlich gar nicht mehr verarbeiten? Brauchen wir alles per Mail dokumentiert? Könnten wir sonst noch den Überblick behalten, wenn wir nur einen einfachen kleinen handgeschriebenen Kalender mit uns tragen würden? Da haben doch nur ein paar Zeilen Platz? Wo schreibe ich dann die Abwesenheitsnotiz hin, die vor allem während der letzten Feiertagswochen sehr häufig eingelangt ist? Eindeutig nein, auch ich könnte mein Leben mittlerweile nicht mehr mit einem handgeschriebenen Kalender verwalten. Die vielen Dinge, die ich elektronisch gespeichert habe, könnte ich in ausgedruckter Form nicht einmal aufheben. Ich glaube ich würde damit nicht nur mein Zimmer, mein Auto, sogar unser ganzes Hochhaus damit füllen und würde ein ausgedrucktes Blatt nie mehr wieder finden – also eh` sinnlos. Da macht die elektronische Verwaltung mit der Suchfunktion doch durchaus Sinn!

Ähnlich ist es auch in manchen Geschäften – bei den guten alten Greißlern – wurde noch täglich nach dem Befinden gefragt und das meist mit aufrichtigem Interesse. Unsere Trafik ist auch schon alteingesessen und dort passiert das auch immer wieder, dass sich Menschengruppen dort zum Plaudern länger aufhalten, das finde ich schön. Ansonsten rasen wir ja meist nur schnell rein und gleich wieder raus und haben dann vielleicht noch die Rechnung, die Ware, unsere Brieftasche oder das Handy vergessen, weil wir keine Zeit mehr hatten, diese Sachen wieder einzupacken. Hauptsache wir waren schnell! Wie oft war schon ein Miteinkäufer aufmerksam, wenn wir vergesslich waren, und ist uns hinterhergelaufen, um uns mitzuteilen, dass wir in unserer Eile etwas verloren hatten. Man sieht das leider sehr selten. Wenn solche Hoppalas passieren, marschieren Unmengen von Leuten vorbei und tun so, als ob sie nichts gesehen haben oder haben wirklich nichts gesehen, weil sie mit sich selbst oder mit ihrem Handy beschäftigt waren. Ein wenig mehr Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt und für unsere Umgebung würde uns und unseren Mitmenschen nicht schaden und würde die vielen Vergessen und Verloren Fälle sicher reduzieren.

Auch in einem Autoverkaufsgeschäft hatte Maskulino heute so etwas Ähnliches beobachtet – vor ca. einem Jahrzehnt, war er auch mal Autoverkäufer und weiß daher wie´s früher war – ohne elektronische Medien. Er sagt, er hatte sich immer gefreut, wenn ein Kunde ins Geschäft kam. Da ergaben sich interessante Gespräche, auch wenn der Kunde doch kein Auto gekauft hat, doch zumindest ist die Zeit schnell vergangen und der Job war dadurch abwechslungsreich. Verschiedene Menschen, verschiedene Gespräche, unterschiedliche Situationen – zum Glück sind wir nicht alle gleich und jeder hat andere Bedürfnisse und Wünsche. Doch heute sind wir sehr lange im Schauraum gewesen, haben alle Autotypen verglichen, uns in jedes Auto reingesetzt, um das „Fahrgefühl“ zu spüren. Es hatte uns kein einziger Verkäufer angesprochen, obwohl doch einige Schreibtische besetzt waren. Alle starrten in ihren Computer, wobei Maskulino meint, die haben sicher gespielt, denn was tut man so lange am PC ohne einen Text zu schreiben oder Zahlen einzugeben. E-Mails lesen? Auf jeden Fall war heute nachmittags die Hauptaufmerksamkeit auf dem Bildschirm und bei der Mouse und auf keinen Fall beim Kunden, also bei uns. Leider beobachte ich das immer mehr und auch ich muss mich immer wieder selbst ermahnen, dass die Kommunikation nicht nur auf elektronischem Weg erfolgt und schon gar nicht nur beim Spiel mit einem Computer – also ?Kommunikation? mit dem PC?

Umso mehr hat mir die Plauderstunde mit Marylin gefallen und ich werde zumindest an den Wochenenden versuchen, wieder mehr persönliche Gespräche zu führen. Es ist schön, Leute lachen zu hören, deren Glänzen in den Augen zu sehen, den Händedruck zum Gruß oder die Bussi-Bussi Begrüßung zu spüren. Wollen wir auf all das verzichten, wenn wir alle unsere Kommunikation ins Netz verlegen? Ich nicht oder noch nicht.

Ich wünsche euch viele freudige persönliche Begegnungen und den behutsamen Umgang mit den elektronischen Medien

Gelly

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